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Fraenkelufer Berlin

Standort: Kottbusser Ufer 48–50, heute Fraenkelufer 10–16, Berlin

Architekt: Alexander Beer

gebaut: 1916

zerstört/ geschleift: 1938, 1944, 1958/59

Courtesy of the Leo Baeck Institute, New York
Courtesy of the Leo Baeck Institute, New York

Die Synagoge am Fraenkelufer in Berlin zählte bei ihrer Entstehung zu den größten Synagogen Berlins. Neben dem Hauptgebetssaal gab es hier auch eine Wochentagssynagoge, einen Saal für den Jugendgottesdienste, einen Trausaal, Versammlungs- und Wohnräume sowie einen Kindergarten.

Aufgrund des Wachstums Berlins um 1900 wurde die Stadt um mehrere Außenbezirke erweitert. Zur steigenden Bevölkerung zählten auch viele Juden und Jüdinnen die unter anderem aufgrund von Pogromen in Osteuropa und Russland nach West-Europa flohen. Den sich vergrößernden jüdischen Gemeinden standen ausschließlich weiter entfernte Synagogen im Stadtzentrum oder kleinere Privatsynagogen und Festsäle für Zusammenkünfte zur Verfügung. Auch die Gesamtzahl der Synagogenplätze in Berlin war bei weitem nicht ausreichend. Neben weiteren Bezirken begannen daher auch die Planungen für eine Synagoge am Kreuzberger Fraenkelufer. Im Jahr 1911 erwarb die jüdische Gemeinde den Bauplatz am Landwehrkanal. 1912 begann der Bau der Synagoge, die am 17. September 1916 eingeweiht wurde.

Alexander Beer, um 1933
Alexander Beer, um 1933

Die Synagoge am Fraenkelufer bestand aus einem über einen dreieckigen Vorplatz erschlossenen und dem Landwehrkanal zugewandten Hauptgebäude und mehreren Nebengebäuden. Die von Alexander Beer im damaligen Zeitgeschmack neoklassizistisch gestaltete, dreischiffige Anlage folgte bei dem Hauptgebäude dem Typus der frühchristlichen Pfeilerbasilika mit einem Portikus mit vier dorischen Säulen an der Eingangsfassade und einer rückseitigen Exedra. Sie orientierte sich damit, anders als frühere Synagogen, nicht mehr an orientalischen Bauformen. Der Hauptgebetssaal bot Platz für über 2.000 Menschen. Der heute noch erhaltene, ursprünglich als Jugendsynagoge genutzte Seitenflügel ist mit einer Fassade aus dorischen Halbsäulen gegliedert.

Das Gebäude wurde als orthodoxe Synagoge errichtet und verfügte dementsprechend auch über eine Frauenempore. Das 17m breite, 24m tiefe und 21m hohe, von einer Holz-Kassettendecke überspannte Hauptschiff war, dem Typus der Basilika folgend, axial auf den nach Nord-Osten gerichteten Toraschrein und die unmittelbar davor befindliche Bima ausgerichtet. Obergaden entlang der Seitenfassaden belichteten den Raum.

Alexander Beer, um 1933
Alexander Beer, um 1933

Die Synagoge wurde in der Reichspogromnacht am 09. November 1938 stark beschädigt, aber nicht zerstört, u.a. da eine Ausbreitung der Flammen der in Brand gesetzten Synagoge auf eine direkt angrenzende städtische Schule verhindert werden sollte. Der Hauptgebetssaal konnte nicht mehr als Synagoge genutzt werden, jedoch konnte die Gemeinde von 1938 bis 1942 Gottesdienste in der Jugendsynagoge im Seitenflügel des Gebäudes durchführen. Ab 1942 besetzte die Gestapo das gesamte Grundstück. In einem Bombenangriff 1944 kam es zu weiteren Zerstörungen. Die Reste des Hauptgebäudes wurden 1958/59 abgerissen.

Besondere Bedeutung kommt dem heute noch erhaltenen Gebäudeteil der ehemaligen Jugendsynagoge zu, da dieser Gebetsraum als einer von wenigen der Zerstörung entging. Die Synagoge am Fraenkelufer war damit eine von nur sieben Berliner Synagogen, die nach den Novemberpogromen 1938 zumindest teilweise, auch von angrenzenden Gemeinden, genutzt werden konnten. Als erste Synagoge in Berlin wurde die Jugendsynagoge zum jüdischen Neujahrsfest Rosh ha-Schana im September 1945 wiederhergerichtet. Seit ihrer Wiedereinweihung 1959 wird sie durchgängig für Gebete und Gemeindeleben einer in den letzten Jahren immer weiter anwachsenden Gemeinde genutzt.